Der Medizin- und Gesundheitstourismus wird zu einem großen Teil durch die Vermittlung von internationalen Patienten durch sogenannte Patientenvermittler, Agenturen und Makler dominiert. Und obwohl sich dies in der jüngeren Geschichte nicht geändert hat, ist es dennoch gerechtfertigt zu prüfen, ob es für Gesundheitsdienstleister und Destinationen im Gesundheitstourismus und Medizintourismus eine ratsame Strategie ist, sich auf diese Parteien zu verlassen.
Die Vorteile von Patientenvermittlern
Bevor wir unsere Aufmerksamkeit auf die Risiken und Nachteile lenken, sollten wir die Vorteile betrachten, die Agenturen/Vermittler Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern bieten können.
Geringere Ausgaben für Marketing im Medizintourismus
Patientenvermittler bieten selbst keine medizinischen Dienstleistungen an. Daher müssen sie die Dienstleistungen der Anbieter vermarkten, um einen Patientenstamm aufzubauen und zu betreuen. Krankenhäuser können davon profitieren, da sie sich auf ihre inländischen Marketingaktivitäten konzentrieren und das internationale Marketing einer Gruppe von Personen überlassen können, die die Bedürfnisse und Anforderungen ausländischer Patienten besser verstehen. Es bietet eine Möglichkeit, die Ausgaben für globale Marktaktivitäten zu reduzieren. Es spart auch andere Ressourcen, wie z. B. Zeit, da die Notwendigkeit entfällt, auf internationalen Messen und Ausstellungen präsent zu sein.
Garantierte Investitionsrendite
Die Zusammenarbeit mit Patientenvermittlern eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit einer garantierten Rendite. Die Rendite ist aufgrund der Natur des Geschäfts garantiert, da die Krankenhäuser nur eine Überweisungsgebühr oder Provision zahlen, wenn die Behandlung abgeschlossen ist. Obwohl diese Praxis kritisiert und in einigen Ländern sogar verboten wurde (so auch in Deutschland), ist sie nach wie vor die prävalenteste Funktionsweise der Medizintourismusbranche. So setzen Krankenhäuser kein Marketingbudget ein, das sie aufgrund erfolgloser Kampagnen nicht zurückerhalten würden.
Geringerer administrativer Aufwand
Durch die Einbindung einer dritten Partei, die für die Erfassung aller relevanten Patienteninformationen und -unterlagen sowie für die logistische Unterstützung der Patienten zuständig ist, muss das Krankenhauspersonal nicht mit diesen Aufgaben betraut werden. Die Betreuung internationaler Patienten ist mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Beauftragung einer professionellen und erfahrenen Organisation mit der Bewältigung dieses Arbeitsaufkommens bringt den Krankenhäusern betriebliche Effizienz und kann einen erhöhten Personalbedarf vermeiden. Wenn man bedenkt, dass das Personal in Bezug auf interkulturelle Beziehungen entsprechend geschult werden muss, kann dies für ein Krankenhaus erhebliche Auswirkungen haben.
Risiken der Zusammenarbeit mit Patientenvermittlern
Sie könnten an dieser Stelle aufhören zu lesen und den eigentlich kritischen Teil übersehen: Die Nachteile der Zusammenarbeit mit Patientenvermittlern. Dies geht weit über meine persönliche Meinung zu diesem Thema hinaus. Allein in Deutschland gibt es zahlreiche Beispiele, die zeigen, welch großes Risiko Sie für Patienten und Ihre Einrichtung eingehen, wenn Sie mit Medizintourismus-Agenturen zusammenarbeiten.
Die folgende Grafik zeigt einige der Probleme, die sich aus der Einbeziehung von Vermittlern in die Behandlung von Medizintouristen ergeben.
In vielen Fällen wenden sich die Patienten zunächst an einen Sponsor. Dies kann ein Ministerium sein, das die Behandlungskosten übernimmt, ein Konsulat oder sogar eine Versicherungsgesellschaft. Diese wendet sie sich an einen Vermittler, der oft einen weiteren Vermittler im Zielland benötigt, um die Behandlung zu organisieren und sicherzustellen, dass die Reisevorbereitungen auf den Behandlungsplan und die individuellen Bedingungen der Anfrage zugeschnitten sind. Es ist wichtig, dies nicht einfach nur als Natur des Geschäftes zu akzeptieren, sondern auch die Nachteile zu verstehen, die diese wahrliche Ungeheuerlichkeit eines Kommunikationsfehlers für die Patienten mit sich bringt.
Erhöhte Kosten für Medizintouristen
Jeder zusätzliche Beteiligte trägt, wenn nicht zur Wertschöpfung, so doch zumindest theoretisch zum Verwaltungsaufwand in der Prozesskette bei. Dieser Verwaltungsaufwand muss auf die eine oder andere Weise kompensiert werden, was regelmäßig den Preis entweder unmittelbar für die Patienten oder für den Sponsor erhöht. Es ist richtig, dass derjenige, der einen Wert für den Prozess liefert, entschädigt wird, aber es bleibt fraglich, ob so viele Vermittler wirklich notwendig sind, um die Aufgabe zu erfüllen. Irgendwann ist der Kostenanstieg nicht mehr durch den Mehrwert gerechtfertigt. Darüber hinaus wissen die Patienten oft nicht, wie der Prozess im Einzelnen aussieht, und haben somit keine Kontrolle darüber, wie viele Parteien eingeschaltet werden.
Der Medizintourismus ist anfällig für Fehlkommunikation
Die Einschaltung verschiedener Drittparteien erhöht das Risiko von Fehlkommunikation. Was auch immer der Patient mitteilen möchte, wird weitergegeben, bis zu dem Punkt, an dem eine Änderung des eigentlichen Anliegens fast unvermeidlich ist. Ich würde zwar gerne daovn ausgehen, dass alle Beteiligten in gutem Glauben handeln und sich an die - wie man so schön sagt - Grundsätze eines ehrbaren Kaufmanns halten, aber wir sprechen hier immer noch über Medizintourismus, und die Erfahrung zeigt, dass die Realität nicht so aussieht. Jeder Vermittler hat Motive und Absichten, die nur selten außer Acht gelassen werden. So kommt das, was der Patient ursprünglich mitgeteilt hat, bei den Betroffenen oftmals nicht genau so an. Eine direkte Darstellung durch den Patienten erreicht den behandelnden Arzt in den seltensten Fällen, was sich negativ auf die gesamte Patientenerfahrung auswirken kann.
Patientenvermittlung: Undurchsichtige Motive
In einer perfekten Welt könnten wir davon ausgehen, dass die einzige Motivation der Anbieter von Medizintourismus und Patientenvermittler darin besteht, das Wohl des Patienten zu ihrer obersten Priorität zu machen. Leider leben wir aber nicht in einer perfekten Welt. Es gehört zur Realität eines jeden Unternehmens, dass finanzielle Anreize im Mittelpunkt stehen. Andernfalls könnte ihre künftige Existenz gefährdet sein. Die Wahl des Anbieters wird daher stark von der zu erwartenden wirtschaftlichen Rendite beeinflusst. Eine patientenorientierte Entscheidung ist daher nicht garantiert und sogar eher unwahrscheinlich. Außerdem werden die Patienten nur selten in Entscheidungen eingebunden. Patientenautonomie, als wesentlicher Faktor bei der Gestaltung einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung, gerät in den Hintergrund, so dass dieser Zustand nicht ohne Weiteres akzeptiert werden sollte.
Fehlendee Ownership und fehlende Kontrolle
Krankenhäuser erlauben eine große operative Lücke in ihrer Organisation, wenn sie sich auf Vermittler verlassen. Sie haben keinen Einfluss auf die Marktentwicklung und sind nicht darauf vorbereitet, internationale Patienten zu akquieren, wenn die Zusammenarbeit zwischen ihnen und einem Vermittler für Medizintourismus scheitert. Die Vermittler haben oft einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf die Patientenströme und üben somit eine bemerkenswerte Marktmacht aus. Sie bestimmen, wohin die Patienten gehen, welche Informationen wen erreichen, die Preisgestaltung und sogar, wie ein Krankenhaus von den Patienten und der Außenwelt wahrgenommen wird.
Die beteiligten Parteien sind selbst dafür verantwortlich, ob die Zusammenarbeit mit Vermittlern im Bereich des Medizintourismus erfolgreich sein wird. Es hängt von der Wahl des Vermittlungspartners und der internen Politik des Krankenhauses ab, was es von seinen Partnern in Bezug auf bewährte Praktiken, Transparenz und Verpflichtungen zu operativen Verfahren erwartet. Es gibt großartige Organisationen, sowohl Vermittler als auch Krankenhäuser, die kontinuierlich daran arbeiten, ein hervorragendes Patientenerlebnis zu bieten, indem sie den Patienten bedingungslos in den Mittelpunkt stellen. Dennoch ist es wichtig, sich der potenziellen Risiken bewusst zu sein, um zu vermeiden mit unberechtigtem Optimismus in eine Kooperation einzutreten.
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